Alpenüberquerung Januar 2008

Geklappt: mit dem Heißluftballon über die Alpen

Wetter am 23.1.2008

Nach zwei Jahren Wartezeit kam am Sonntag Nachmittag endlich die Email von Hans Kordel aus Trier – Alpenwetter! Werner Hoffarth informiert mich telefonisch über deren Inhalt: am Mittwoch, den 23.1.2008 oder Donnerstag funktioniert es, 100 km/h Wind in der Höhe aus Nord, eventuell Staubewölkung im Voralpengebiet, in Italien geringe Wahrscheinlichkeit von Nebel. Ideale Bedingungen für eine Überquerung der Alpen im Heißluftballon.

Werner und ich verständigen uns kurz, „Chefrückholer“ Erhard Mankel  aus Holzhausen und Thomas Huisken aus Annerod wissen auch schon seit Wochen Bescheid. Nach 10 Minuten geht die Zusage per Email an Hans Kordel zurück. Werner und ich werden in den HR-Fensterbau Ballon steigen, die beiden uns am Boden verfolgen.
Von nun ab beginnt ein eifriges Wetterstudium, die Ausrüstung liegt schon seit langem bereit: Höhensauerstoffgerät, Notfallausrüstung wie Schlafsack, Zelt, Spirituskocher, Fackeln, ELT (ein elektronisches Ortungsgerät), falls man wider Erwarten doch auf einem Gletscher runter muss, Transponder, Funkgeräte in doppelter Ausführung, GPS. Die seit Wochen brach liegenden Checklisten werden erneut durchkämmt, Vertretungspläne umgestrickt, alle paar Stunden die Wetterinfos aktualisiert; dann in der Nacht zu Dienstag (dem Abfahrtstag ins Voralpengebiet) strömender Regen mit Blitz und Donner, den „besten Anzeichen“ für eine erfolgreiche Alpenüberquerung 400 km weiter südlich. Meine Tochter ruft nochmals aus München an: „bleibt zu Hause, hier regnet’s in Strömen“. Wir sind guter Dinge und werden langsam immer sicherer, dass es diesmal auch wieder klappt. Zur --> Wettersituation des 23. Jan 2008 

Wie fing alles an? Vor ca. drei Jahren, ich glaube, es war die Sicherheitskonferenz in Fulda, auf der Hans Kordel in seinem Vortrag beiläufig erwähnte, dass er für interessierte Ballonfahrer mit Alpenvorerfahrungen eine Einweisung mit anschließender gemeinsamer Überquerung plant. Im Herbst fand schließlich das Wochenendseminar bei Schroeder fire balloons in Schweich mit 30 oder 40 Interessierten statt, sowie dem Aushändigen einer mehr als 50-seitigen Ausarbeitungen von Hans Kordel über die „Grundlagen für eine sichere Alpenüberquerung im Heißluftballon“. Werner Hoffarth brachte mir Gott sei Dank dieses sehr ernste aber mit viel Humor geschriebene Werk mit, da ich zu diesem Zeitpunkt eine schon längere Verabredung mit dem Kilimandscharo hatte. Hier wurden sehr anschaulich die Schwierigkeiten und Nöte aber auch die Schönheiten und dem tollen Erlebniswert einer Alpenüberquerung, gepaart mit dem notwendigen Respekt vor den immer wieder auftretenden Unabwägbarkeiten, beschrieben. Andere mussten sich die hier niedergelegten Erfahrungen erst erkämpfen, unsereins braucht sich „nur“ an die beschriebenen Spielregeln zu halten.

 


Startvorbereitungen Hans Kordel hat nach seinen Grundsätzen in mehr als 4 Veranstaltungen ca. 20 Ballonteams in der Zwischenzeit über die Alpen geführt. Manche waren auch schon ein zweites Mail dabei. Alles lief so wie in der Vergangenheit auch. Hans hatte Quartiere besorgt, den Startplatz festgelegt, das aktuelle Wetter geprüft, einen gemeinsamen Flugplan aufgegeben, mit AIS gesprochen, und, und, und. Wir brauchten am nächsten Morgen eigentlich nur noch unsere Ballone aufzubauen und einzusteigen.

Als hätte er auch noch mit Petrus gesprochen, zeigte sich dieser Morgen von seiner besten Seite: Sonnenschein pur, keine Staubewölkung. Nach 1 Stunde waren alle 5 Ballone startbereit und um 10 Uhr starteten wir innerhalb 5 Minuten. Hans voraus machte den Flugplan scharf, hatte eine Freigabe auf FL185 später 195 für uns alle erwirkt. Der „Kordel-Effekt“ hat sich sicherlich auch bei den Controllern herumgesprochen: absolute Präzision in der exakten Einhaltung der Flughöhen und Freigaben.

Wie wir später hörten, hatten es andere Kollegen nicht so einfach mit den italienischen Controllern. Sie hatten zunächst eine Freigabe auf FL120, dann 140 schließlich 160. Hinzu kam ein weiter westlich gelegener Startplatz, der die Ballonfahrer zwang, in niedrigeren Höhen bei rechtsdrehenden Winden nahe Brescia hart am Rande des absolut geschlossenen Sektors Alpha zu landen.
Bilder der Fahrt
Mit 2m/sek hatten wir nach 45 min und 2 leeren VA70 die Reiseflughöhe erreicht. Wie angenagelt zeigten die GPS zwischen 182 und 187 Grad bei konstant über 100 km/h und die grandiose Bergwelt präsentierte sich von ihrer besten Seite. Sonne pur, nur leichte Bewölkung im Inntal – die Rückholer sprechen sogar von Schneefall, tief verschneite Skigebiete im Hochalpenbereich, mit Blick ins Stubaital erzählt Werner, die Skihütte unten hat er auch schon bewandert. 6100 m und -18° C lassen einen dennoch die Handschuhe und die Kopfbedeckung ausziehen, die Sonne wärmt ungemein.

Route über GPS
Alles läuft wie am Schnürchen, die atemimpulsgesteuerte Sauerstoffanlage verrichtet klaglos ihren Dienst, der FB6 schnurrt wie ein Kätzchen, bis auf einmal, als er sich selbst das Licht ausbläst. Hektik bricht los, als der Piezo nichts wieder entflammt, die Suche nach Sturmhölzern beginnt. Hans hatte uns zuvor noch gezeigt, wie’s geht, die Flamme wieder ans laufen zu kriegen. Nach 1 Minute und 300 m tiefer läuft der Brenner wieder. Bei 5 m/sek Sinken wird der Ballon wieder aufgefangen und wir steigen wieder auf Reiseflughöhe.

Meran, Bozen, Trient, der Gardasee kommt in Sicht, die Zeit vergeht wie im Fluge. Mit Verona kommt die unausweichliche Landung näher, über Hans erlauben uns die Controller schrittweise tiefer zu gehen. Direkt über dem Flugplatz Verona steigen wir aus 6000 m ab und landen ½ Stunde später nach 3 Std. 40 min bei wesentlich weniger als den angegebenen 15 kt auf einer fetten Wiese nördlich Mantova, keine 2 km von dem Ort an dem Werner letztes Jahr schon mal landete. In der Landeanfahrt erkennen wir einen bereits gelandeten Ballon, ca. 200 m von uns entfernt. 10 min später helfen sie uns, unsere Hüllen zusammen zu packen; nochmals vielen Dank an das Team aus dem Schwarzwald.

Eine großartige Ballonfahrt war zu Ende gegangen. Zu guter Letzt bleibt nur noch einmal und wiederholt Dank zu sagen an das Team Hans Kordel und Werner Wäschenbach, die uns kostenfrei und selbstlos alle Sorgen abgenommen haben. Wo hat man so etwas schon in der heutigen Zeit. Ohne Euch wäre uns das alles erspart geblieben smiley-smile. Das komplette Equipment ist bereits wieder abrufbereit gepackt. Wir würden uns freuen, wenn wir in der nächsten Saison wieder eine Mail von Euch erhielten.

 

Den GPS-Track kann man sich hier anschauen . Viel genauer kann man die Route allerdings als .KMZ-Datei über Google Earth anschauen. Leider ist unser einziges GPS mit Höhenschrieb ausgefallen, deshalb geht die Route nur über den Boden.

Berichte unserer örtlichen Presse